Refuse to be Human

14.09.2021 – 01.05.2022
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Die Baidu Ausgabe

Wollten Sie schon immer einmal als Bot im Internet surfen? Haben Sie sich jemals gefragt, was ein Bot online zu sehen bekommt, was Sie nicht sehen? In ihrer neusten Online-Arbeit ermöglicht die !Mediengruppe Bitnik es Ihnen ein Baidu-Bot zu sein.

Baidu ist die führende Suchmaschine in China. Wie alle Suchmaschinen verwendet Baidu Webcrawler, die das Web ausgiebig nach Inhalten für ihre Suchmaschinen durchsuchen. Nur Inhalte, die von diesen Bots indiziert werden, können später auch von Benutzer*innen mittels Websuche gefunden werden. Refuse to be Human ist eine Browsererweiterung, die den User-Agent des Browsers durch den des Baidu-Bots ersetzt. Damit verschafft sie Zugang auf das sogenannte «Grey Web» – einen Bereich des Internets, der nur für Bots sichtbar ist. Die einfache Weberweiterung ermöglicht eine neue Sichtweise auf das Web: Mit weniger Werbung und weniger personalisierten Inhalten und Zugriff auf Websites und Archive, die üblicherweise hinter einer Paywall liegen.

Jetzt zum Searchbot werden und das Internet neu erleben.
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Künstler Statement

Browsererweiterung herunterladen:

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!Mediengruppe Bitnik sind zeitgenössische Künstler:innen, die kritisch im und mit dem Internet arbeiten und dabei aktuelle Fragestellungen zu Überwachung, künstlicher Intelligenz und Vernetzung behandelt. Dabei wirkt ihre Praxis meist vom digitalen in den physischen Raum hinein und macht so die verborgenen Mechanismen von Algorithmen, Bots und Tracking-Softwares erfahrbar. Beeinflusst von der Mail Art der 1960er und 1970er Jahre sowie der Netzkunst der 1990er Jahre, schafft die !Mediengruppe Bitnik Situationen des gezielten Kontrollverlustes, um etablierte Strukturen in Frage zu stellen. !Mediengruppe Bitnik lebt und arbeitet in Berlin. 2018 wurden sie mit dem Pax Art Award, Basel, 2015 mit dem Migros New Media Jubilee Award, Zürich, sowie 2009 und 2014 mit dem Swiss Art Award, Basel, ausgezeichnet. Ihre Werke wurden international in Einzel- und Gruppenausstellung präsentiert u.a. in Aksioma Institute for Contemporary Art Ljubljana (Solo, 2021); Laboratory of Art and Form, Kyoto (Solo, 2020); KINDL Berlin (2019); House of Electronic Arts, Basel (Solo, 2019); Nam June Paik Art Center, Yongin / Südkorea (2017); Palais de Tokyo, Paris (2017); ZKM, Karlsruhe (2017); Kunsthalle St. Gallen (2014–2015).

Die Künstlergruppe

 

Bereits erschienene Versionen von Refuse to be Human


Die Baidu-Edition von Refuse to be Human ist Teil von Digilab@Kunsthaus Zürich. Refuse to be Human ist freie Software und unter der GNU GPLv3 veröffentlicht.

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Im Kunsthaus

bis 31.3.22

Parallel zu «Refuse to be Human» zeigen wir in den Sammlungsräumen der Kunsthaus-Erweiterung die Arbeit «Random Darknet Shopper: Live Edition (St. Gallen)» (2014-2016).

Random Darknet Shopper ist ein automatisierter Online-Shopping-Bot, der zwischen 2014 und 2016 während 25 Wochen in drei Ausstellungshäusern in verschiedenen Ländern agierte[1]. Mit einem Budget von $100 in Bitcoins pro Woche ging der Bot im deep web einkaufen, wo er zufällig einen Artikel auswählte und automatisch erwarb. Den erworbenen Artikel liess der Bot direkt in den Ausstellungsraum liefern. Einmal angekommen, wurden die Artikel ausgepackt und in Vitrinen ausgestellt. Mit jedem neuen Artikel erweiterte sich die Landschaft aus Waren, die im Darknet gehandelt werden.

Der Random Darknet Shopper ist eine Erkundung des Darknet mittels der dort gehandelten Waren. Es verbindet den Ausstellungsraum direkt mit dem Darknet.

Das randomisierte Einkaufen garantierte dem Random Darknet Shopper Bot eine breite Auswahl an Artikeln, die alle im Darknet angeboten werden. In seiner ersten Laufzeit vom Oktober 2014 - Januar 2015, kaufte Random Darknet Shopper 12 Artikel, die in der Kunst Halle St. Gallen gezeigt wurden. In der sechsten Woche bestellte Random Darknet Shopper zehn gelbe Ecstasy-Pillen aus Deutschland, die auch ordnungsgemäß angekommen und im Ausstellungsraum gezeigt wurden.

«Kann ein Roboter oder ein Stück Software eingesperrt werden, wenn es ein Verbrechen begeht? Wer trägt die gesetzliche Schuld, wenn ein Stück Software kriminell ist, sei es absichtlich so programmiert, oder unabsichtlich fehlerhaft durch Unterlassung? Was ist, wenn ein Roboter Drogen, Waffen oder Hacker-Tool kauft und die Polizei das Paket abfängt?» Diese Fragen stellte Mike Power im britischen Guardian, als er 2014 über den Random Darknet Shopper schrieb.

Globale Fragen, die dann vor Ort verhandelt wurden: Am Tag nach der 12-wöchigen Ausstellung in der Kunst Halle St. Gallen, beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft den Random Darknet Shopper und alle seine Einkäufe. Die Beschlagnahme erregte weltweit Aufsehen, weil es das erste Mal war, dass ein Roboter für eine illegale Handlung verhaftet wurde. Dabei blieb aber erst einmal offen, wer für die Handlungen des Bots verantwortlich war, der Bot selbst, die KünstlerInnen oder der Ausstellungsraum und seine MitarbeiterInnen.

Drei Monate später wurden alle Gegenstände außer den Ecstasy-Pillen (die zerstört wurden) an die Künstler zurückgegeben und das Verfahren eingestellt. In der Einstellungsverfügung erklärte die Staatsanwaltschaft, dass das öffentliche Interesse an den Fragen, die Random Darknet Shopper stellt höher zu werten sei als ein temporärer und minderer Verstoss gegen die Strafnorm. Tatsächlich rechtfertigten die angestossenen Fragen auch den Besitz und die Ausstellung der Drogen als Artefakte.

Das Verfahren gegen die Künstler und den Random Darknet Shopper wurde eingestellt.

 

[1] St. Gallen Edition: Kunst Halle St. Gallen, Switzerland, Oct 14 2014 - Jan 15 2015
London Edition: Horatio Junior Gallery, London, UK Dec 11 2015 - Feb 5 2016
Ljubljana Edition: Aksioma Institute for Contemporary Art, Ljubljana, Slovenia, 24 Feb – 25 Mar 2016

Bitnik A737667