Dada-Ausstellung zum 50-jährigen Jubiläum

08.10.1966 – 17.11.1966
Kuratiert von Felix Baumann und Michel Sanouillet.
Ausstellungsort Pfister-Bau (Grosser Ausstellungssaal, ehem. Bührlesaal).
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Taeuber Arp Sophie 1958 0023 a c R 3568
Sophie Taeuber-Arp
Triptyque. Composition verticale-horizontale à triangles réciproques, um 1918
Öl und Gold auf Leinwand, auf Karton aufgezogen
112 x 52.5 cm
Kunsthaus Zürich, Geschenk Hans Arp, 1958
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Giacometti Augusto 1951 0037 R 1140
Augusto Giacometti
Hochsommer, 1917
Öl auf Leinwand
Bildmass: 105 x 108 cm, Schutzkasten: 124.1 x 128.1 x 7.2 cm
Kunsthaus Zürich, Geschenk Dr. Erwin Poeschel, Zürich, 1951
Es handelt sich um die erste grosse Jubiläumsausstellung zu Dada, ausgetragen an zwei der einstigen Dada-Hochburgen Zürich und Paris. Viele der damaligen Dadaisten waren noch am Leben und am Jubiläum beteiligt, so auch Hans Richter, der seine Erinnerungen im Katalog niederschrieb und es so auf den Punkt brachte: «Es ist keine Frage: vor 50 Jahren gingen wir in Zürich daran, die Welt zu ändern. Die Kunst musste zertrampelt, zerbrüllt, zerlächerlicht und abgeschafft werden. Dem Spiesser, Bürger, Zeitgenossen musste die scheussliche Fratze seiner Banalität im Spiegel vorgehalten und der Spiegel auf seinem Schädel in tausend Stücke gehauen werden. Anstelle der Kunst eine Anti-Kunst, anstelle des Spiessers eine neue Gemeinschaft. Zu dem neuen Denken, Fühlen, Erleben, dazu wollten und sollten wir mit unseren Werken beitragen.»
Obwohl am 5. Februar 1916 in Zürich geboren, wurde Dada von institutioneller Seite erst zum 50. Geburtstag mit einer Ausstellung richtig gratuliert. Inzwischen sind dieser Bewegung am Kunsthaus Zürich eine ganze Reihe Ausstellungen gewidmet worden, es ist ihr ein eigener Ausstellungsraum im Chipperfield-Bau gewidmet, sämtliche Bestände sind digitalisiert und eine eigens dafür entwickelte Webseite ist eingerichtet worden. Eine beachtliche, gezielte Ankaufstätigkeit liess den Dada-Bestand neben demjenigen des Museum of Modern Art in New York zu einem der international bedeutsamsten heranwachsen. Weiterführende Informationen zur Geschichte von Dada am Kunsthaus Zürich mit Beteiligten wie Felix Baumann, Hans Bolliger, Guido Magnaguagno und Juri Steiner findet man unter der des Dada-Experten Raimund Meyer zusammengestellten Dada-Spezialwebseite. Unser Fokus gilt hier besonders dem Medien- und Publikumsecho. Diese erste grosse Dada-Ausstellung war eine Kooperation mit dem Musée National d’Art Moderne in Paris, die unter der Ägide von Felix Baumann und Michel Sanouillet erarbeitet worden war. Letzterer hatte 1965 die «Association pour l’Étude du Mouvement Dada» gegründet, mit dem Ziel Dada aus der Schmuddelecke zu holen. «Ja, das gibt es heute: eine Gesellschaft zum Studium der Dada-Bewegung. Wer hätte das gedacht, als vor 50 Jahren dieser Bürgerschreck in Zürich seinen Anfang nahm, […] mit seinen abstrusen Veranstaltungen brave Einwohner schockierte», kommentierte die renommierte Kunsthistorikerin Margit Staber (Schwäbische Donauzeitung, 19.10.1966). Eine besonders kuriose Notiz war in der Zürcher Woche vom 21.10.1966 zu finden, wo es hiess: «Hans Richter, Ur-Dadaist, der anlässlich der Vernissage seine Ansprache vorzeitig abbrechen musste (Richter: ‹Aus Sentimentalität›), wünschte an einem anschliessenden Zusammentreffen der noch lebenden Dada-Künstler im Ur-Dada-Lokal einen Whisky zu trinken. Antwort des Kellners: ‹Den müssen Sie aber selber bezahlen.› Das Zürcher Kunsthaus hielt die Künstler nur bei Bier und Wein frei, Richter bezahlte.» Die internationale Presse feierte die Ausstellung zwar mit Interesse, lobte an ihr aber hauptsächlich, ins vermeintliche Chaos Ordnung und analytische Klarheit gebracht zu haben. Der «Schock», den die Dadaisten der Kunstwelt verpasst hatten, sass offensichtlich noch in tief in den Knochen und führte zu Aussagen wie «Wahrscheinlich kann man über Dada nur grundsätzlich zustimmend oder grundsätzlich ablehnend schreiben», von Reinhardt Stumm. Die stattliche 465 Exponate umfassende Ausstellung bezeichnete noch einen anderen Wendepunkt für Dada: Sie war der Startschuss einer der europaweit ersten institutionellen Sammeltätigkeiten in diesem Bereich.
[Cathérine Hug]
«Dada war ohne Zweifel eine der wichtigsten Bewegungen am Beginn des 20. Jahrhunderts, die den Lauf der Kunst zumindest bis heute bestimmt haben. Dadaismus steht heute gleichberechtigt neben den Wegbereitern der lyrisch-expressiven Abstraktion und der konstruktivem Kunst.»
Margit Staber, in: Forum der Kritik, Sendung vom 14.10.1966

40 Tage

87 Künstler:innen

87 Künstler:innen

1966 DADA
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Ausstellungsplakat
Design: Hans Neuburg
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Ausstellungskatalog
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