Les maîtres populaires de la Réalité. Henri Rousseau, Louis Vivin, Séraphine …

16.10.1937 – 28.11.1937
Ausstellungsort Kunsthaus.
Der Reiz des Ungeschulten
Kompletter Titel
Les maîtres populaires de la Réalité. Henri Rousseau, Louis Vivin, Séraphine Louis, Dominique-Paul Peyronnet, André Bauchant, Maurice Utrillo, Camille Bombois, René Rimbert, Jean Eve, dazu Adolf Dietrich und Niklaus Stoecklin
«Les Maîtres populaires de la réalité» lautete der Titel einer Gruppenausstellung im Jahr 1937. Die Ausstellung baute auf einer im Vorjahr in Paris gezeigten, vom Musée de Grenoble organisierten Schau auf, in der eine Gruppe von französischen «Naiven» ohne Kunstausbildung zu sehen war. Das Kunsthaus präsentierte rund 180 Gemälde von acht französischen «volkstümlichen Meistern der Wirklichkeit». Dazu gehörten u. a. der Autodidakt Henri Rousseau (1844–1910), aber auch Maurice Utrillo (1883–1955) und Séraphine Louis (auch Séraphine de Senlis, 1864–1942), die einzige Künstlerin der Gruppe. Gemeinsam war diesen Künstlern, dass sie in Brotberufen tätig waren: «Le Douanier» Rousseau bekannterweise als Zollbeamter, Utrillo für kurze Zeit als Bankangestellter, andere als Buchhalter, nicht wenige auch als technische Zeichner. In die Ausstellung wurden auch zwei Schweizer Künstler integriert: der Thurgauer Adolf Dietrich (1877–1957) und der als Hauptvertreter der Schweizer Neuen Sachlichkeit bekannte Basler Niklaus Stoecklin (1896–1982). Da Stoecklin an der Kunstgewerbeschule in Basel ausgebildet worden war, bildete er eine eigentliche Ausnahme in der Ausstellung. Kunsthaus-Direktor Wartmann hob als verbindendes Element in der Schau die «selbstgeschaffene Sprache» hervor, welche die Künstler auszeichne. Er betonte auch, dass er volkstümliche Kunst «nicht als ‹naiv› oder ‹primitiv› im Sinne von Unvollkommenem […] zurück gebliebenem oder absichtlich zurück gehaltenem» betrachte – eine durchaus angenehme, nicht-kolonialistische Haltung, die auch heute noch in ihrer Klarheit beeindruckt. Vielmehr plädierte er, den Begriff «naiv» im Sinne von Unbefangenheit zu verstehen, und den (heute noch deutlich problematischeren) Begriff «primitiv» als ursprünglich und unverstellt. Die Ausstellung wurde eher zurückhaltend aufgenommen. In der NZZ war abwertend von «kleinkünstlerischen Stilübungen» die Rede, welche nur von Rousseau und Stoecklin überragt werde. In den Luzerner Neuesten Nachrichten formulierte der Historiker Franz Heinemann, dass diese «Wirklichkeits-Künstler so weit gehen […] die Wirklichkeit zu übertrumpfen und vor lauter peinlich-naiver Subtilität fast umzubringen». Obwohl im Tages-Anzeiger einzelne Positionen sehr positiv besprochen wurden, durchdringt auch hier eine unfreundlich-herablassende Ablehnung den Artikel: «Uns rührt die fleissige Gewissenhaftigkeit, die durch mutige Ungeschicklichkeiten uns erst recht plastisch zum Bewusstsein kommt». Zur Ausstellung erschien ein Katalog mit einem längeren Essay vom Wilhelm Wartmann.
[Peter Stohler]
Kunsthaus-Direktor Wartmann hob als verbindendes Element in der Schau die «selbstgeschaffene Sprache» hervor, welche die Künstler auszeichne. Er betonte auch, dass er volkstümliche Kunst «nicht als ‹naiv› oder ‹primitiv› im Sinne von Unvollkommenem […] zurück gebliebenem oder absichtlich zurück gehaltenem» betrachte – eine durchaus angenehme, nicht-kolonialistische Haltung, die auch heute noch in ihrer Klarheit beeindruckt. Vielmehr plädierte er, den Begriff «naiv» im Sinne von Unbefangenheit zu verstehen, und den (heute noch deutlich problematischeren) Begriff «primitiv» als ursprünglich und unverstellt.
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Ausstellungskatalog
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