100 Jahre Kino. Illusion - Emotion - Realität. Die 7. Kunst auf der Suche nach …

10.11.1995 – 25.02.1996
Kuratiert von Harald Szeemann.
Ausstellungsort Pfister-Bau (Grosser Ausstellungssaal, ehem. Bührlesaal).
Film total und noch viel mehr
Kompletter Titel
100 Jahre Kino. Illusion - Emotion - Realität. Die 7. Kunst auf der Suche nach den 6 anderen
Am 28. Dezember 1895 luden die Gebrüder Lumière zur ersten Filmvorführung in ein Pariser Kaffeehaus ein; 100 Jahre später lädt das Kunsthaus ein zu einer Ausstellung, die – erkennbar am episch-ungelenken Titel – die Entgrenzung sucht. Wer anders als der bekennende Cinephile und Filmrollen-Sammler Harald Szeemann hätte ein solch titanisches Unterfangen anpacken können? Ihm ging es, in seinen eigenen Worten, um «eine Visualisierung der Filmgeschichte sozusagen vom Gesamtkunstwerk-Standpunkt aus». Angeregt vom Europarat und in Zusammenarbeit mit dem ICFT, einer Organisation für audiovisuelles Erbe der UNESCO, hätte die Wanderausstellung eigentlich zuerst im Rahmen der Biennale in Venedig gezeigt werden sollen. Doch in Zürich erlebte sie schliesslich ihre Premiere. Nach der Visionierung von Hunderten von Filmen definierten Szeemann und seine Mitstreiter Tobia Bezzola und Christian Dominguez filmimmanente Themen wie Helden, Gewalt, Tabu, Eros, Musik, Licht oder Bewegung. Laut Szeemann war dies eine bewusst subjektive Auswahl, eine Hommage an die kreative Leistung der Filmemacher. Für die Ausstellung galt: «Königin ist die Projektion», und so wurden Filmausschnitte von rund 300 Filmen in der Cinémathèque Suisse in Lausanne gesucht. Das Schweizer Fernsehen kopierte diese auf damals neuartige Laserdisks, um sie mit Videoprojektoren zu zeigen. Diese bestimmten die Ausstellungsarchitektur. Es gab 24 einzelne Projektions-Kojen, jede je einer Epoche, einem Genre oder einem einzelnen Regisseur gewidmet. Die Kuratoren suchten assoziativ weiter nach korrespondierenden Kunstwerken. Sie wurden überwiegend in der eigenen Sammlung fündig, wie Werke von Balla, Beuys, Duchamp, Giacometti, Goya, Hodler, Magritte oder Valloton belegen. Doch auch kinoaffine Werke von Cindy Sherman, Peter Fischli/David Weiss oder H. R. Giger waren dank Leihgaben zu sehen. Die Medienresonanz war sehr breit. Die Fülle des Gebotenen begeisterte das Feuilleton: Die Schau mache Lust auf Kino. Im Hinblick auf die Filmauswahl wurde die Ausstellung jedoch sehr zwiespältig aufgenommen. Cathérine Silberschmidt bemängelte zu Recht, dass nicht genügend Filme von Regisseurinnen berücksichtigt wurden (WOZ Die Wochenzeitung). Durchwegs kritisierte man auch die mediokre technische Qualität der eingespielten Filmschnipsel, und im Hinblick auf den angestrebten Dialog der Künste brachte es Bettina Schultes auf den Punkt: «Auf Beziehungen zwischen den Künsten wird angespielt, ohne dass sie vertieft würden» (Badische Zeitung). Zur Ausstellung gab es ein Faltblatt mit einer Werkliste. Ein Katalog wurde jedoch nicht veröffentlicht.
[Peter Stohler]
Nach der Visionierung von Hunderten von Filmen definierten Szeemann und seine Mitstreiter Tobia Bezzola und Christian Dominguez filmimmanente Themen wie Helden, Gewalt, Tabu, Eros, Musik, Licht oder Bewegung. Laut Szeemann war dies eine bewusst subjektive Auswahl, eine Hommage an die kreative Leistung der Filmemacher.