Christian Schad 1894 - 1982
22.08.1997 – 09.11.1997
Kuratiert von Tobia Bezzola.
Ausstellungsort Pfister-Bau (Grosser Ausstellungssaal, ehem. Bührlesaal).
Kuratiert von Tobia Bezzola.
Ausstellungsort Pfister-Bau (Grosser Ausstellungssaal, ehem. Bührlesaal).
Erste Retrospektive von einem der berühmtesten Vertreter der Neuen Sachlichkeit, der in der Sammlung des Kunsthaus Zürich prominent vertreten ist - allerdings nicht mit Werken der Neuen Sachlichkeit.
Die 162 Exponate umfassende Retrospektive warf ein Licht auf das verblüffend breite Spektrum eines Künstlers, den man bislang vor allem als Vertreter des Magischen Realismus und der Neuen Sachlichkeit kannte. Zum Zeitpunkt dieser Ausstellung herrschte die sogenannten «Postmoderne», wodurch dem heterogenen Schaffen Christian Schads besonders viel Aktualität zufiel. Der Initiant und Kurator dieses wegweisenden Projekts, Tobia Bezzola, brachte es auf der ersten Seite seines Katalogessays auf den Punkt: «Dieser Künstler taucht unter manchem Stichwort auf: Jugendstil, Expressionismus, Futurismus, Kubismus, Dadaismus, Experimentelle Fotografie, Realismus, Surrealismus, Neue Sachlichkeit, Magischer Realismus. Dieser Künstler hat keinen Stil, er ist immer ganz Stil.» Im Dank hebt Kunsthaus-Direktor Felix Baumann zudem hervor, dass das Zustandekommen der Ausstellung ohne Christian Schads Witwe Bettina Schad nie hätte zustande kommen können, was an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben darf, zumal der Katalog explizit ihr gewidmet ist.
Schad wurde verhältnismässig spät, erst ab den 1970er-Jahren, mit Druckgrafiken und besonders Holzschnitten in die Sammlung des Kunsthauses aufgenommen. 1980, also noch zu seinen Lebzeiten gingen dank Mitteln des Vereins Zürcher Kunstfreunde (VZK) vier wichtige Werke, nämlich Vorstadt, Composition en M, Transmission und Walter Serner in die Sammlung ein. Einzigartige Schadographien kamen in den 1990er- und den Nullerjahren hinzu. An diesem Beispiel wird deutlich, wie eng Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit idealerweise miteinander verknüpft sind.
Auch wenn man den Künstler wegen gewisser inhaltlicher Setzungen (insbesondere pornografischer Natur) kritisieren mag, würdigte die Presse die Bedeutung dieser Retrospektive durchgehend, und zwar auf lokaler, nationaler wie internationaler Ebene. Interessanterweise verfasste ausgerechnet ein französischer Journalist einen besonders differenzierten und langen Bericht über diesen in Frankreich bis dahin weitgehend unbekannten Deutschen Künstler, und zwar der berühmt-berüchtigte Kunstkritiker Philippe Dagen für Le Monde am 21.09.1997: «La rétrospective réunit cette galerie, l’Europe selon Schad galante et moribonde […]. Pas un effet pictural: une matière lisse et mince. Pas une déformation: un dessin d’ingénieur à la Hubbuch. Pas un instant de compassion: le modèle tel quel, de trois quarts ou de face, devant un décor choisi. Cette méthode neutre, cet art sans qualité ont produit quelques chefs d’œuvre.» Bis heute gab es keine weitere vergleichbar differenzierte Ausstellung zu Christian Schad, womit eine Wiederholung dringend ansteht. Mit der Genderdebatte des letzten Jahrzehnts sind neue spannende Themen von Schads Œuvre ins Blickfeld gerückt, wie beispielsweise das Bild der Männlichkeit in Änne Sölls Forschungen.
[Cathérine Hug]
Weiterführende Informationen
kein Ausstellungskatalog online
«Wer das Publikum in seine Absicht einweiht, den verrät es.» (Walter Serner, Letzte Lockerung, 1927) – Wie kein zweiter erkannte Walter Serner, welche Geisteshaltung Christian Schad in seiner Kunst vertrat.