Lucio Fontana. Concetti spaziali

02.04.1976 – 23.05.1976
Ausstellungsort Pfister-Bau (Grosser Ausstellungssaal, ehem. Bührlesaal).
Zerstörung und Neubeginn: die Fontana-Retrospektive
Die von Erika Gysling-Billeter im grossen Saal eingerichtete Ausstellung zeigte rund hundert Werke des italienischen Künstlers Lucio Fontana aus dem Zeitraum von 1947 bis 1965. Als Sohn eines Bildhauers emanzipierte sich Fontana (1899–1966) früh von der Kunst der Vatergeneration; seine radikalen Gesten stehen für den Aufbruch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. So etabliert seine Position aus heutiger Sicht ist, so zögerlich war die Anerkennung zu seinen Lebzeiten: Erst als 55jähriger fand eine erste Einzelausstellung an der Biennale Venedig statt, kurz vor seinem Tod folgte eine erste Retrospektive im Stedelijk Museum in Amsterdam, ein Jahr später an der documenta 4 in Kassel. Bereits 1946 veröffentlichte Fontana das «Manifesto Blanco» und forderte eine Kunst, die sich radikal der Materie, der Zeit und dem Raum zuwendet. Seine Innovation waren kleine Löcher in der Leinwand, die sog. «bucchi». Erika Gysling-Billeter führt aus: «Fontanas Durchstossen der Leinwand bedeutete für ihn Zerstörung der traditionellen Bildebene, zugleich aber die Schaffung einer neuen Dimension». Ab 1958 folgten die monochromen Leinwände mit einem oder mehreren Schnitten («Tagli»), die zum Markenzeichen des Künstlers geworden sind. Der nicht wiederholbare Schnitt hat eine ähnliche Körperlichkeit wie der Pinsel im Action-Painting, in der Kalligrafie oder der Tuschmalerei. Fontanas als «Concetti spaziali» bezeichnete Werke waren aber nicht nur Malerei mit anderen Mitteln, sondern immer auch Skulpturen: Die Leinwand wölbt sich skulptural und von hinten schimmert schwarze Gaze durch. «Nach dem Zweiten Weltkrieg […] konnte das zerschnitte Bild, nicht das Bild, sondern das durch eine sorgfältige, ja behutsame Operation geöffnete Bild, als Markstein der zeitgenössischen Weisheit erkannt werden.» (Laszlo Glozer, Süddeutsche Zeitung). Lucio Fontana wurde in dieser Ausstellung also nicht einfach als Erfinder hochästhetischer Objekte gefeiert, sondern als Schöpfer von Werken, die von einer ganz besonderen Spannung leben: Sie oszillieren zwischen einem behaupteten Raumkonzept und dem, was der Künstler tatsächlich auch umsetzen konnte.
[Peter Stohler]
So etabliert seine Position aus heutiger Sicht ist, so zögerlich war die Anerkennung zu seinen Lebzeiten: Erst als 55jähriger fand eine erste Einzelausstellung an der Biennale Venedig statt, kurz vor seinem Tod folgte eine erste Retrospektive im Stedelijk Museum in Amsterdam, ein Jahr später an der documenta 4 in Kassel.

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