Latifa Echakhch. Goodbye Horses
16.11.2012 – 24.02.2013
Ausstellungsort Erdgeschoss Müllerbau.
Ausstellungsort Erdgeschoss Müllerbau.
Latifa Echakhchs Blick hinter die Zirkuskulissen
Ein knallig gelb-rotes, schlaff von der Decke hängendes Zelt, ein Rhönrad, farbige Wimpel, Podeste, Jonglierkeulen, ein blauer Balancierball, ein mit Pailletten besetzter Dress, die Kleider eines Clowns. Derlei Requisiten aus der Welt des Zirkus waren in den Sammlungssälen im Müllerbau des Kunsthauses zu sehen. Nur selten gelingt die erfolgreiche Bespielung dieser wenig einladenden Räume, doch mit «Goodbye Horses» glückte Latifa Echakhch eine äusserst souveräne Inszenierung. Echakhch, eine der bemerkenswertesten Aufsteigerinnen im internationalen Kunstbetrieb, war nur vier Jahre zuvor, damals noch unbekannt, das erste Mal in einer Gruppenausstellung im Kunsthaus Zürich aufgetreten («Shifting Identities», 2008). Einige Jahre nach «Goodbye Horses» bespielte sie dann den Schweizer Pavillon an der Biennale in Venedig (2021).
Die Biografie der 1974 im marokkanischen El Khnansa geborenen, in Frankreich aufgewachsenen und heute im Wallis lebenden Künstlerin lieferte einige Themen der von Miriam Varadinis kuratierten Ausstellung, ohne dabei eine direkte Illustration von Identität zu sein: Immer wieder ging es um Nationalität (Fahnenstangen), Religion (Gebetsteppiche), das Zugehörig- bzw. Fremdsein (Teegläser), um Ein- und Ausschluss – wohl nicht zuletzt auch als Künstlerin im Kunstbetrieb. Die Kuratorin hielt fest, wie die Künstlerin «Fragen unserer Zeit mit minimalen Mitteln und grosser Präzision» umsetze (St. Galler Tagblatt). Dabei ist Echakhchs Kunst sinnlich, poetisch, aufgeladen, aber auch mit einer gewissen Glätte (Le Temps). Die Pferde im Titel der Ausstellung im Kunsthaus verweisen auf ein beliebtes Thema in der Kunst, den Zirkus. Nur schickte Echakhch alles, was den Zirkus ausmacht – die Betriebsamkeit, die laute Musik, die Akrobaten und eben auch die Pferde – gewissermassen nach Hause. Es blieb eine unheimliche Leere, die eine neue Lesart ermöglichte, aber nicht aufdrängte. «Kunst sollte leicht zu verstehen sein, um dann tiefere Erkenntnis für den Betrachter zu bringen», liess sich die Künstlerin im Spiegel zitieren.
[Peter Stohler]
Weiterführende Informationen
«Kunst sollte leicht zu verstehen sein, um dann tiefere Erkenntnis für den Betrachter zu bringen.»Latifa Echakhch